Mareike Schlegel

10. März 2021

Digitalisierungs-Schub durch Corona? Das sind unsere persönlichen Highlights und Tiefpunkte

Ein Jahr im Corona-Modus. Neben Lockdown und Homeoffice ist vor allem ein Effekt in aller Munde: der allumfassende Digitalisierungs-Schub.

Aber gibt es den wirklich?

Wir haben unsere Kolleg*innen nach ihren persönlichen Highlights und absoluten Tiefpunkten der Digitalisierung gefragt und ziehen individuell Bilanz.

Dr. Lars Nuschke, Senior Manager Strategic Partnerships:

Mein Highlight: Sein statt Schein

Lange galt im Geschäftsleben: professionelles Auftreten ist das A und O. Das hat sich geändert.

Juhu!

Privatleben und Job verschmelzen immer mehr. Sinnbildlich dafür steht ein Videocall mit dem CFO eines regionalen Energieversorgers. Er kommt 4 Minuten zu spät, weil das Kind unbedingt noch einen Kakao wollte, trägt einen Hoodie (Zitat: “im Winter ist es halt kalt”) und freut sich darüber, dass ich zwischendurch einen Kurzbesuch vom Sohnemann im Arbeitszimmer zuhause bekomme. Hat das alles der Qualität des Gesprächs geschadet? Ganz und gar nicht. Es entstand ein hochqualitativer, zwischenmenschlicher Austausch fernab aller glattpolierten Sales-Slides. 

Mein Tiefpunkt: Digitalisierung, die auf halbem Weg endet.

Das Szenario: lange geplantes Onlinemeeting mit einem potentiellen Kunden aus der Versicherungsbranche. Mein Ansprechpartner gab schon seit Wochen zu Protokoll, dass man ein äußerst innovatives Unternehmen und in Sachen Digitalisierung schon sehr weit gekommen sei. Zum Start des Onlinemeetings heißt es dann: “Sie können uns leider nicht sehen, da wir von der IT erst im 4. Quartal Kameras bekommen sollen”. Wohlgemerkt… das Meeting war im Januar. Da passen Anspruch und Realität nicht zusammen.

Wiebke Tschorn, Product Owner:

Mein Highlight: Ungewohnter Seitenwechsel

Eine Nachricht unseres Kunden Enterprise erreichte mich auf digitalem Weg. Verwunderung: Warum hatte ich mir eine Test E-Mail und SMS auf mein privates Mobiltelefon gesendet? Schlagartig wurde mir klar – es war kein Test! Ich bin geblitzt worden! Das ist an sich kein Highlight. Doch ich konnte das Blitzerfoto direkt auf unserer bereitgestellten Seite herunterladen, bevor ich es von der Behörde zugestellt bekam. Das beweist mir, dass die digitale Kommunikation ein toller Weg sein kann und war definitiv ein Highlight.

Mein Tiefpunkt: Gewohnte Papier-Monster

Stationärhandel geschlossen und ich shoppe vermehrt online. Verschiedenste Produkte wie Kleidung, Fahrradschläuche, Bücher, Pflanzensamen, Magnete, Wandkalender oder Wassersprudler wurden mir bequem mit digitaler Vorabankündigung an die Wohnungstür geliefert. Doch die Rücksendungs- und Zahlungsabwicklungabwicklungen sind weniger digital: immer wieder erhalte ich horrende Papiermonster als Kommunikation. Mehrfach musste ich Kontakt zu Service-Mitarbeiter*innen suchen, um einen defekten Artikel oder einen doppelt versandten zu retournieren. Dort gibt es noch unermesslich viel Luft nach oben. 

Thomas v. Hake, Geschäftsführer:

Mein Highlight: Produktives Homeoffice

Zwei bis drei Workshops mit Kunden in ganz Deutschland an einem Tag vor Corona? No way; das war wegen der Reiserei unmöglich. Da sind wir durch Zoom, Webex, Teams und Google Meets schon sehr viel effizienter geworden. 

Mein Tiefpunkt: Kartenwüste Berlin

Ich wohne in Berlin und war ganz begeistert, dass man im März und April 2020 auf einmal alles mit Karte zahlen konnte. So wie überall woanders in Deutschland auch! Als es dann im Sommer die erste Corona-Welle abflachte, waren auf einmal überall die Kartenlesegeräte “gerade kaputt” 😉 Das war leider mein Tiefpunkt des digitalen Bezahlens.

Christin Martens, Head of Brand & Story:

Mein Highlight: Management by walking around

Mein Lockdown-Trend: Spaziergänge. Morgens, mittags, abends. Gefühlt ist mein kompletter Lockdown ein einziger Spaziergang (rein physisch betrachtet natürlich!). Das Gute daran, man kann dabei analoges mit dem Digitalen verbinden. Denn: Hintergrundgeräusche in Telefonaten gehören seit Corona quasi zwangsläufig zum guten Ton. Was bei meinen Kollegen die Homeschooling-Kinderstimmen im Hintergrund sind, sind bei mir Vogelgezwitscher, hupende Autos und die Tram-Geräusche der Großstadt. 

Mein Tiefpunkt: Digitaler Lockdown in der Cloud 

Ich liebe Clouds. Sie ermöglichten uns den nahtlosen Übergang ins Homeoffice, erleichtern das ortsungebundene Arbeiten im Team – zumindest solange alles funktioniert. Wie gravierend abhängig wir davon allerdings auch sind, wurde mir erst wirklich bewusst, als eben diese Cloud nicht mehr reagierte. So geschehen vor rund zwei Monaten als diverse Google-Anwendungen eine Pause machten. Kein Drive, kein Meet & Co. – mein digitaler Tiefpunkt der vergangenen zwölf Monate: 23 Minuten Schnapp-Atmung, die mir wie eine Ewigkeit vorkamen. 

Jörg Klebe, Marketing Manager:

Mein Highlight: Perspektivwechsel – bridge over troubled water

Zur Mittagspause mit einem Freund verabreden, der 400km entfernt wohnt? Kein Problem. Denn in der digitalen Sphäre sind alle gleich weit voneinander entfernt. Oder nah beieinander – alles eine Frage der Perspektive! Auch wenn’s den echten menschlichen Kontakt nicht ersetzt bin ich doch sehr dankbar dafür, dass wir durch Video-Calls stets in virtuelle Gesellschaft begeben können. Danke, Facetime & Co.!

Mein Tiefpunkt: The Sound of Silence

Mobiles Arbeiten könnte so schön sein – wäre doch nur das Internet etwas stabiler. Sprudelten gerade noch in der Videokonferenz die Ideen, darbt man sich plötzlich in der Digital-Wüste der Diskonnektivität. Die Netzwerkverbindung wurde getrennt lese ich auf dem Screen und frage mich, ist das die Finsternis, von der Simon&Garfunkel einst sangen?

Mareike Schlegel, Marketing Manager:

Mein Highlight: Hack per Paypal

Lockdown, das Leben ist eingeschränkt, alle Bramfelder stürmen freitags auf den Wochenmarkt. Die Schlange beim weltbesten Schlachter meines Vertrauens (mit Abstand): gefühlte 200m. Vorne in der Schlange entdecke ich meine Freundin Nadja. Kurzes Gespräch. Ergebnis: ich spare mir das Anstehen und sie kauft für mich 500g Hack mit. Super! Die 9 EUR sende ich ihr einfach per Paypal. Digitales Payment ist einfach ÜBERALL und einfach sooooo bequem… 

Mein Tiefpunkt: In innovativer Atmosphäre die Prozesse von vorgestern “genießen” 

Wer in der “Filiale der Zukunft” einer Hamburger Bank zwei Kinderkonten eröffnen will, benötigt Zeit und Nerven: fast drei Stunden um genau zu sein. Zwar täuschen stylische Räumlichkeiten darüber hinweg, dass man sich bei einer Bank befindet.  Doch die Software zerstört maßgeblich die Customer Journey, indem sie fehleranfällig, komplex und kompliziert ist. Zum Abschluss unterschrieben wir analog die klassischen Formulare auf Papier. So sieht die Zukunft des Banking hoffentlich nicht aus. 

Alexander Gawel, Senior Account Manager:

Mein Highlight: Tschüß Bargeld

Ich bin dieser Typ Mensch der selten Bargeld in der Tasche hat und nahezu alles mit Karte zahlt. Warum? Es ist bequem, die virtuelle Girocard ist im Mobiltelefon immer dabei und Münzen beulen nur Portmonnaie und Hosentasche aus.  

Dank der beschleunigten Digitalisierung werde ich nicht mehr ungläubig angeschaut, wenn ich beim Bäcker die Sonntagsbrötchen mit einem lässigen “Ba Bing” zahle. Das war vor einem Jahr noch anders … Nächster Meilenstein: Personalausweis und Führerschein bitte auch Wallet-fähig machen. Dann kann ich das Portemonnaie endlich ganz zu Hause lassen. 

Mein Lowlight: Die digitale Mogelpackung 

Sechs Bundesländer ermöglichen inzwischen die Online-Beantragung von Elterngeld, darunter Hamburg. Gerade zu Pandemie-Zeiten eine echte Erleichterung für Eltern. Doch nicht überall wo digital draufsteht ist auch digital drin. Zwar konnten wir die Anträge bequem online ausfüllen, doch am Schluss kam die Ernüchterung: Wir mussten alle Formulare ausdrucken, unterschreiben und per Post zur Elterngeldstelle schicken. Das ist eine echte digitale Mogelpackung.